Fachinformatiker zu werden ist lustig. Du lernst als Anwendungsentwickler ein bisschen programmieren, als Systemintegrator ein bisschen Betrieb. Die Arbeitsagentur hat das ganz gut zusammengefasst, in diesem Artikel gehe ich davon aus, dass du dich schon für diesen Zielberuf entschieden hast.
In meiner Tätigkeit als Ausbilder gehörte es natürlich dazu, Bewerbungen auszuwerten und Vorstellungsgespräche zu führen. Die Standards für einen Azubi sind niedrig, wir suchen hier ja keinen erfahrenen Geschäftsführer, sondern einen lernwilligen Berufseinsteiger mit wenig oder keiner Erfahrung. Vieles mag trivial erscheinen, aber mit diesen Tipps solltest du zumindest ins Bewerbungsgespräch kommen.
1. Nenne einen Grund, warum du den Beruf erlernen willst
Da ich von einem Azubi keine Arbeitserfahrung erwarten kann und Zeugnisse nur bedingt aussagekräftig sind, ist bei der Ausbildung das Anschreiben am relevantesten. Ich will wissen, warum du den Beruf erlernen möchtest und was du erwartest. Hier möchte keiner einen Roman, aber du solltest dir selbst diese Frage stellen und sie solide beantworten können, da sie auch garantiert im Vorstellungsgespräch vorkommt.
2. Mach ein Praktikum
Die beste Antwort auf die Frage nach dem Grund? „Ich habe ein Praktikum absolviert und dabei festgestellt, dass ich eine Karriere in diesem Beruf anstreben möchte.“ Natürlich sollst du das Praktikum auch für dich persönlich machen. Informatik kann extrem langweilig sein, der Arbeitsalltag trist und die Arbeit wenig erfüllend. Man braucht eine intrinsische (also von dir selbst kommende) Motivation und das erkennst du am besten in der Praxis. Wenn es dir nicht gefällt, dann hat dich das nur eine Woche gekostet, statt 3 Jahre. Und wenn es dir gefällt, kannst du vielleicht gleich in diesem Betrieb eine Ausbildung machen.
Ein Praktikum zu finden ist einfacher als viele denken: Schülerpraktika für Ausbildungsberufe werden selten öffentlich beworben, sind aber meist reichlich verfügbar. Schreibe einfach ein paar Firmen, welche den gewünschten Beruf ausbilden, an. Auch Behörden bilden viele Fachinformatiker aus und nehmen gerne Praktikanten. Wenn du gar nichts findest, lass dir von der Arbeitsagentur helfen, die haben meist Spezialisten für die Ausbildungsberufe und entsprechende Kontakte.
3. Besser kein Foto als ein schlechtes
Du musst kein Foto in den Lebenslauf packen. Das ist optional und hat keine wirklichen Auswirkungen auf deine Chancen. Was sich aber negativ auswirkt, ist ein schlechtes Foto. Dein Facebook-Profilbild ist nicht geeignet und ein Selfie tuts auch nicht. Viele Fotostudios bieten Bewerbungsfotos ab 30 € an. Investiere das Geld in ein sauberes Foto, auf welchem du erwachsen und gepflegt rüberkommst. Ein Ausbilder erkennt, dass das Foto von einem Profi kommt und es zeigt, dass du fähig bist, Probleme anständig anzugehen. Und mach dir keine Sorgen über dein Aussehen: Du willst Fachinformatiker werden, nicht Unterwäschemodel.
4. Habe schon mal irgendwas mit Computern gemacht, was nicht Zocken ist
„Hast du schon mal was programmiert?“ beim Anwendungsentwickler bzw. „Hast du schon mal was mit Computern gemacht?“ beim Systemintegrator, ist die Standardfrage im Vorstellungsgespräch, und 80 % meiner Bewerber antworteten auf diese mit „Nein“.
Stell dir vor, du wolltest Koch werden und hättest noch nicht mal Nudeln zubereitet, würdest du dich selbst einstellen?
Es erwartet keiner, dass du schon bahnbrechende Software entwickelt hast, sondern dass du es zumindest mal versucht hast. Mach eine Webseite für deinen Hund, eine App, in der du den Einkauf für deine Familie planst, hoste deinen eigenen Minecraft-Server oder richte deinen Router zu Hause so ein, dass er sich nachts abschaltet. Es ist auch ok, wenn du an deinem Projekt gescheitert bist, du sollst ja lernen. Ein Bewerber, der mir sagt: „Ich habe versucht, für die Pension meiner Mutter eine Webseite zu machen, aber ich konnte keine Bildergalerie einbauen“ ist jedem „ich wusste nicht, wo ich anfangen soll“ weit voraus.
Und wenn du nicht weißt, wie du anfangen sollst: Du kannst bei Google Anleitungen suchen oder dir in deiner Bibliothek ein Buch ausleihen, das dir dabei hilft. Software und Server sind dafür gemacht, verwendet zu werden, das sind keine kryptischen Runen, die ihre Geheimnisse für sich behalten möchten.
5. Sei erreichbar
30 % der Bewerbungen, die ich gerne zu einem Gespräch eingeladen hätte, habe ich nicht direkt erreicht. Etwa die Hälfte davon habe ich nie erreicht und daher nicht einladen können. Wenn du dich per E-Mail bewirbst, wirst du meistens per E-Mail eingeladen, also lies deine E-Mails. Einmal am Tag reicht völlig.
Auch kann es sein, dass du angerufen wirst. Mir ist bewusst, dass dies heutzutage bei jüngeren Menschen nicht üblich ist, im Geschäft ist es aber gängige Praxis. Wenn du dich beworben hast, solltest du dein Handy angeschaltet haben und bei verpassten Anrufen zurückrufen. Und wenn du kein Handy hast, ist die Festnetznummer deiner Eltern völlig akzeptabel. Ich bitte dann exakt einmal um Rückruf, also informiere deine Eltern einfach darüber, dass eventuell Betriebe dich kontaktieren werden.
6. Fang an, die Tagesschau zu schauen
Die meisten Jobs haben einen Einstellungstest. Hier wird oft Allgemeinwissen abgefragt und meist auch die politische Grundbildung. Das hat praktische Gründe, da es ein Themenbereich ist, welcher jeden betrifft. Schau dir die Tagespolitik 15 Minuten am Tag an, und merk dir, wer Kanzler ist, was Bundestag und Bundesrat sind, wer Ministerpräsident ist und was so aktuell in etwa passiert. Du sollst nicht den 2. Kongokrieg erklären, sondern wissen, dass Bundesrat und Bundestag verschiedene Dinge sind, wann Mauerbau war, und wann der 2. Weltkrieg war. Mehr wird nicht mal bei Bundesbehörden abgefragt.
7. Check vorher, ob die Firma gut ausbildet
Leider ist nicht jeder Ausbildungsbetrieb gut. Es gehört zur Wahrheit, dass es genug Ausbilder gibt, die ihren Job nicht ernst nehmen, und genug Betriebe, die ihre Azubis nach ein paar Wochen als billige Arbeitskraft einsetzen. Plattformen wie Kununu können dir dabei helfen, dir ein Bild zu machen. Achte hier besonders auf den Umgang mit Auszubildenden und weniger auf Beschwerden über Aufstiegsmöglichkeiten oder Gehalt.
Solltest du nach ein paar Wochen merken, dass der Betrieb deine Ausbildung nicht ernst nimmt, sprich mit deinem Ausbilder und mach ggf. von deinem Kündigungsrecht in der Probezeit Gebrauch. Einen neuen Ausbildungsplatz kannst du dir immer noch suchen, ist doof, aber besser als schlecht ausgebildet zu werden.