Am Freitag nach 20 Jahren Pause kehrte Jörg Draeger zurück auf die große Sat.1-Bühne. Mit der klassischen Musik, dem Zonk, in alter Form und scheinbar mit dem gleichen Publikum. Nur Daniel Boschmann ist neu, aber das tut dem nicht ab. Ein Versuch der Einordnung.
Draeger ist in seinem Element, wie ein Zonk im roten Umschlag
Mit Standing Ovations wird der Kult-Moderator bei seinem ersten Auftritt begrüßt, er ist sichtlich gerührt und wirkt froh, wieder da zu sein. Nach Ausflügen zu 9 Live, Family TV und der ein oder anderen Möbelmarkt-Eröffnung, ist nun das Studio wieder so groß wie es eine solche Sendung braucht.
Mit dem Charme eines Gebrauchtwagenverkäufers spielt er mit den neuen Kandidaten, als ob die 90er nie geendet wären. Die Spiele haben nun einen Titel, scheinbar um der ganzen Sendung mehr Struktur zu verleihen, das wirkt auf mich aber überflüssig.
Wozu braucht es den Boschmann?
„Ich frag mich, wozu es den Boschmann braucht“, reflektierte StoryOwl -Blogchef Dominik die Sendung. Boschmann wirkt, als ob der Anheizer zu Sendungsbeginn einfach nicht von der Bühne gegangen ist, aber er versucht, sich nicht unnötig in den Vordergrund zu drängen.
Die Idee, dass ein Assistent mit winzigen Spielchen die Kandidaten auswählt, finde ich unterhaltsam, das gibt dem Ganzen den Eindruck, dass ein Kandidat es verdient hat, spielen zu dürfen und sorgt für etwas mehr Abwechslung. Was Boschmann gut macht, ist, dass er weiß, wann er etwas Lustiges beitragen kann und wann er sich in den Hintergrund zu stellen hat.
Das Publikum ist ein interessanter Schnitt der Gesellschaft
Die Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Publikum wirken mehr wie echte Menschen als bei anderen Sendungen. Man braucht keine tragische Geschichte, kein interessantes Hobby oder Adonis-Aussehen, um spielen zu dürfen. Es reicht, Raumpflegerin aus Düsseldorf zu sein und sich einen Umschlag aussuchen zu können.
Das schafft einen Kontrast zum hochpolierten Fernsehalltag und gibt einem das Gefühl, dass es ok ist, hier einfachen Spaß genießen zu dürfen. Sicher gewinnt Geh aufs Ganze keinen Grimme-Preis, aber das muss es auch nicht. Es tut gut, dass hier normale Leute um ein paar Mark spielen, ohne dass Leben und Tod vom Ergebnis abhängen.
Ein schöner Moment war der Kandidat, der auf die Frage nach seiner Frau seinen Freund vorstellte. Das zeigt, dass auch die Sendung sich weiterentwickelt hat und im Jahr 2021 jeder das Recht hat, von Jörg Draeger bedingungslos abgezockt zu werden.
Komische Schnitte und ein ungewohntes Super Deal-Auswahlverfahren
An einigen Stellen merkte man jedoch harte Schnitte. Scheinbar hat Draeger doch etwas zu lang gemacht und Spiele wurden gekürzt. Das wirkte an einigen Stellen ungeschickt, aber das kann sich mit Sendungserfahrung beim Cutter geben.
Der neue Superdeal gefiel mir jedoch nicht. Früher wurden die Kandidaten in einer Reihe aufgestellt und in der Reihenfolge der Gewinnhöhe gefragt, ob sie alles setzen wollen. Jetzt erfolgt die Auswahl zufällig. Das nimmt den Ansporn, einen hohen Preis zu gewinnen, und gewitzte Spieler können einfach das erste kleine Geldangebot von Draeger akzeptieren, um eine sichere Chance für den Superdeal zu erhalten.
Insgesamt ist die Neuauflage mehr als solide. Ich hatte auf meinem Sofa, mit meiner Frau und meinem Plüschzonk, welcher seit einigen Tagen gespannt vor dem Fernseher saß, viel Spaß beim Schauen. Vor allem ist es seit langem das erste Mal, das ich geplant und gezielt eine Sat.1-Sendung eingeschaltet habe.
Die Quoten und Kritiken für diese Ausgabe waren solide, ich freue mich auf die noch kommenden zwei Ausgaben und hoffe, dass das Zocken um den Zonk dauerhaft wieder zur deutschen Fernsehlandschaft gehören wird. Geh aufs Ganze ist die nächsten 2 Wochen jeweils Freitags um 20:15 Uhr auf Sat. 1 zu sehen.
Fun-Fact: Das Zonk-Kostüm wurde von den gleichen Machern gefertigt, wie die Kostüme bei the Masked Singer.