Toblerone

Ich will keine Schokolade!

Eigentlich wollte ich gerade ins Bett gehen. Ich ging also ins Bad und zog meinen Schlafanzug an und setze mich auf die Toilette. Währenddessen scrolle ich durch Facebook, wo mir diverse Posts meiner Freunde begegnen. Ich beendete meine „Sitzung“ und putzte mir die Zähne. Doch mir ging ein Post nicht aus dem Kopf.

Und so sitze ich nun hier und schreibe darüber. Konkret geht es um einen Artikel von FOCUS online, in dem berichtet wurde, dass Toblerone nun Halāl zertifiziert ist. Meine Bekannte schrieb dazu:

Sollte man wissen. Wie man damit umgeht, ist jedem selbst überlassen.
Ich brauche sie nicht..

Wie das genau gemeint ist, ist nun stark Auslegungssache, aber die Kommentare im Artikel vom FOCUS selbst sprechen Bände. Da wird zum Boykott der Schokolade aufgerufen, da die Halāl-Produktion sich ja der steigenden Anzahl von Muslimen in Europa anpasse.

Öhm, ja. Eben. Es gibt inzwischen viele Muslime in Europa. Aber darin sehe ich kein Problem. Erst recht nicht, in der Halāl-Zertifizierung. Denn die ist für den Konzern ein absoluter Vorteil, denn dadurch werden nun auch alle muslimischen Mitbürger zu potenziellen Kunden. Der besorgte Bürger schreit jedoch auf und will nicht, dass die bösen Ausländer seine Schokolade kaputt machen. Islamisierung von Schokolade sozusagen…. Aber das zeigt wieder nur, dass sich der besorgte Bürger nicht informiert. (Oder es nicht will.)

Denn Halāl bedeutet nichts weiter als „erlaubt“ und bezeichnet Speisen, die nach den religiösen Speisevorschriften des Koran erlaubt sind. Dabei geht es im Wesentlichen darum, dass kein Fleisch oder sonstige Produkte von „verbotenen Tieren“ wie z.B. Schwein verwendet werden. Aber auch um die Art der Gewinnung von Zutaten. Ohne Kinderarbeit beispielsweise.

Für Toblerone ist das im Prinzip nicht viel anders als ein Besuch vom TÜV oder vom Gesundheitsamt. Wenn alles passt, gibt’s nen Stempel. Oder ne Urkunde. Oder was auch immer. An der Schokolade ändert das nichts. Denn im Artikel steht nämlich auch:

Man habe die weltweit einzige Fabrik in Bern entsprechend zertifizieren lassen. „Die Originalrezeptur bleibt dabei unverändert“, betont das Unternehmen.

Was ist nun also die Quintessenz dieses Artikels? Bei Toblerone hat jemand gründlich nachgeschaut und nun gesagt: „Jo, passt alles. Könnt Ihr ruhig essen.“

Hm, aber dann gibt es doch nun für die besorgten Bürger gar keinen Grund mehr, sich aufzuregen! Stimmt. Sie tun es aber trotzdem.

Ein weiteres Beispiel sind die Kommentare in der Berichterstattung über den Messerstecher, der in Nürnberg St. Johannis drei Frauen niedergestochen und Lebensbedrohlich verletzt hat. Die ersten Fragen waren nicht etwa, wie es den Frauen geht, sondern ob der Täter ein Ausländer war oder gar ein Flüchtling, bzw. nahm man einfach an, es wäre so. „Danke Merkel!“ hieß es da. Wichtige Information, denn man will es scheinbar nicht wahrhaben, dass es solche Verrückten auch aus dem eigenen Land gibt. Da scheint es doch viel angenehmer, wenn man einen dieser bösen, bösen Flüchtlinge für solche Verbrechen verantwortlich machen kann.

Wir sind mittlerweile in einer Gesellschaft angekommen, in denen sich kaum mehr jemand für Fakten interessiert. In einer Gesellschaft, in der lieber erstmal gegen alles Fremde gehetzt wird, anstatt sich erstmal die Faktenlage anzusehen und dann objektiv zu beurteilen.

Ich will meinem Sohn beibringen, dass man sich seine Meinung niemals vorschnell bilden sollte, denn manchmal braucht es noch ein bisschen Zusatzinformation für eine fundierte Meinung.

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Ein Kommentar

  • Lieber Dominik,
    ich lese deinen Blog sehr gerne da die Einträge immer Sachlich und dazu noch gut geschrieben sind.
    Leider ist mir auch aufgefallen, dass es nicht mehr um Fakten geht, sondern eigentlich fast alles negative dem neuen „Feindbild“ angelastet wird. Menschen die keinen blassen Schimmer von einem Thema haben, äußern sich in übelster Art und Weise über andere Menschen, die mit den Vorgängen nichts zu tun haben. Sie wollen sich gar nicht informieren, plappern nur nach oder lesen tatsächlich nur die reißerische Überschrift eines Artikels. Was mich allerdings viel mehr zum nachdenken bringt ist, dass sich unter diesen hetzern und hasserfüllten Menschen auch immer wieder Freunde befinden, von denen man dies nicht gedacht hätte. Man kennt sie doch schließlich, und außerdem haben sie doch auch gar keinen Grund. Sie würden eher über eine negative Pressemeldung ihres Autos recherchieren und sich damit auseinandersetzen, als die Richtigkeit mancher Meldungen zu überprüfen zu denen dann auch noch ein Kommentar abgegeben wird.
    Ich hoffe du schaffst es, deinen Sohn so frei zu erziehen, dass er sich erst einmal ein eigenes Bild einer Situation macht und sich seine eigene Meinung bildet. Ich hatte das Glück, so erzogen worden zu sein.

    Antworten

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