Sind wir mal ehrlich: Trotz fortschreitender Technologie sind wir hier in Deutschland in manchen Belangen noch immer in der Steinzeit.
Zum Beispiel bei Kartenzahlungen. Auf Facebook ist mir dazu folgendes Video begegnet:
Wie nervig ist bitte Bargeld?? Und wieso kann ich in der Bar nicht mit Karte zahlen?!
Gepostet von watson.de am Mittwoch, 4. April 2018
Ich würde es vermutlich anders ausdrücken, aber im Kern muss ich ihr Recht geben.
Inzwischen kann man zwar im jedem Supermarkt, Fast-Food-Schuppen und auch in der Apotheke mit Karte bezahlen. Doch das ist nix Halbes und nix Ganzes. Der kleine Bäcker nimmt gar keine Karten, manche Supermärkte können noch keine kontaktlose Zahlung und manche akzeptieren ausschließlich EC aber keine Kreditkarten.
Warum das so ist? Nun, in Deutschland sind die Kosten für ein Kartenterminal vergleichsweise hoch. Diese setzten sich aus den Kosten für das Gerät, die monatliche Gebühr für den Service und die Einzelgebühren für die Transaktion, die meist prozentual am Zahlbetrag hängt zusammen. (In der Regel bis zu 3% bei Kreditkarten und ca. 1 % bei EC-Karten)
Diese Kosten sorgen oftmals dafür, dass einige Händler fragwürdige Zahlungsbedingungen erdenken. So habe ich schon erlebt, dass man 50 Cent Gebühr für das Zahlen mit Karte erheben wollte oder aber auch der Klassiker, dass Karten erst ab einem gewissen Mindestumsatz angenommen werden. Nicht selten wird mir dabei auch noch dreist ins Gesicht gelogen und behauptet, das Gerät würde kleinere Beträge gar nicht akzeptieren oder verarbeiten können.
Das ist natürlich Quatsch! Der ZKA (zentraler Kreditausschuss), der in Deutschland die Modalitäten für Kartenzahlungen regelt, verbietet solche Praktiken sogar. So ist vorgegeben, dass Händler, die Kartenzahlungen akzeptieren, dies zu den gleichen Bedingungen tun müssen, wie bei Bargeschäften. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass solch ein Mindestumsatz nur dann verlangt werden kann, wenn dieser bei Bargeschäften ebenfalls besteht. Aber das würde ja keiner tun.
Die Zeiten, in denen eine Kartenzahlung länger als eine Barzahlung dauerte, sind längst vorbei. Terminals sind nicht länger über Modemverbindungen angeschlossen, sondern prüfen bereits über schnelle LAN-, W-LAN- oder LTE-Verbindungen die Gültigkeit und Deckung der Karte. Auch kontaktlose Karten oder die Zahlung per NFC mit dem Smartphone oder der Smartwatch ist immer mehr im Kommen. Der Vorteil daran ist, dass bei kleinen Beträgen unter 25 Euro meist die Eingabe der PIN entfällt und somit der Zeitfaktor gegenüber der Barzahlung geradezu konkurrenzlos ist.
Ich sehe es zudem als enormen Platzvorteil, wenn ich kein Bargeld mehr mitschleifen muss. Scheine mögen sich noch platzsparend unterbringen lassen, doch Münzen machen das Portemonnaie schnell sehr dick und schwer. Die Preisgestaltung der Geschäfte ist daran nicht unschuldig. In Zeiten von 49,99 €, 4,98 €, 9,95 € oder 11,90 € schwillt das Münzfach rasant mit Kupfergeld an, welches man in der Regel am laufenden Band als Rückgeld bekommt, aber selbst so gut wie nie ausgibt.
Oftmals weiß ich vorher gar nicht, ob und wie viel Bargeld ich benötigen werde. So muss ich auch noch dafür sorgen, dass ich genug davon bei mir habe. Wird mit der Geldbeutel gestohlen, ist das Geld weg. Wird mir die Karte gestohlen, wird sie kurzerhand gesperrt und eine neue beantragt. Der Schaden ist unter Umständen weitaus geringer als bei verlorenem Bargeld.
Man merkt vielleicht: Ich bin ebenso ein Fan von Kartenzahlungen. Gerade in der heutigen Zeit hat man durch das Smartphone sogar jederzeit den Kontostand im Blick, so dass böse Überraschungen eigentlich keine Ausrede mehr sein sollten. Ich will das Bargeld auch nicht abschaffen. Nicht jeder dürfte sich mit Kartenzahlungen anfreunden. Insbesondere die ältere Generation. Aber die bargeldlose Zahlung sollte flächendeckender als Alternative zum Bargeld bereitstehen.
In anderen Ländern sind bargeldlose Transaktionen bereits fest in der Gesellschaft angekommen. Sogar in armen Gebieten Afrikas wird Geld wie selbstverständlich von Handy zu Handy transferiert. Von Bargeld keine Spur.
Dass es bei uns nicht so ist, liegt aber nicht alleine an den Händlern. Es sind auch die Betreiber der Kartenterminals und die kartenausgebenden Institute, die es mit den hohen Gebühren für Transaktionen für den kleinen Bäckerladen unrentabel machen, ein Kartengerät anzuschaffen.
Nachtrag:
Nur kurz nach der Veröffentlichung diese Blogartikels bin ich auf diese Statistik gestoßen:
Diese Grafik geht zwar nur auf Mobile payment ein, zeigt aber sehr deutlich, wie es in Deutschland um bargeldlosen Zahlungsverkehr bestellt ist.
7 Kommentare
Liegt wahrscheinlich eher daran, dass ich
Bargeld mir besser einteilen kann, und auch merke, dass + wie viel ich da ausgebe,
Wie esdie Frau in dem Video gesagt hat, 5. Obstler, na dann hätten 4 auch gereicht,
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Unsere Kinder lernen rechnen, mit dem €
In unserem Dorf – Bäcker kassiert bereits die 5 – jährige Tochter, (unter Aufsicht ihrer Mutter), des entfiele alles, bei der
Kartenzahlung. ????
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Basare, wie es zum Beispiel die
Kindergärten veranstalten, benötigen keine Ec. – Karten – Lesegeräte!
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Wenn man denn den 5. Obstler bereit intus hat, fließt mit ecash mit
Sicherheit mehreren € über die Theke, unkontrolliert und mit Bargeld kann man sich ein Limit setzen und muss dann erst noch zur Bank, € abheben, Barriere / Hemmschwelle,
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Ist erstmal die Karte weg, verschwindet schnell Viel €,ja, Pin und sw. ..
Unter 25, –€ ohne Pin➡hier 25, –€ und da 25, –€
….
Bargeld nimmt man sich ja auch zum
Beispiel keine 100, –€ mit auf den
Weihnachtsmarkt, oder auf des
Volksfest. …..!?! ????☺✌????
Wie ich bereits unter dem Video von der geistig verwirrten Frau gepostet habe:
Du wirst zum Gläsernen Bürger. Der zukünftige Chef überlegt es sich vielleicht zweimal, jemanden einzustellen, der Regelmäßig abbuchungen von Bars und Kneipen auf dem Konto verzeichnet. Ganz zu schweigen von Krankenkassenbeiträgen und Autoversicherungen, die für Alkoholkonsumenten deutlich höher sind.
Aber auch unabhängig von der Schnapsdrossel gibts dutzende Argumente gegen ein rein Bargeldloses zahlen.
Mal eben für einen Kumpel in Not zusammenschmeißen? Nope. Einem Obdachlosen mit einem Euro eine Freude machen? Nope. Straßenkünstler unterstützten? Nope. Bei Events, in Kleingruppen, Kleinstveranstaltungen eine Spendendose rumgehen lassen? Nope. Privatparty mit Kasse des Vertrauens? Nope.
Kindern mit kleinbeträgen den Umgang mit Geld beibringen (Taschengeld)? Nope. Flohmärkte? Nope. Babybasare (Grad als frischer Papa solltest du das verstehen)? Nope. Kleingeschäfte über Anzeigen? Nope.
Ohne das komplette Fass aufmachen zu wollen, aber:
Das SocialCredit System, das in China momentan Probegefahren und in Qualityland erschreckend beschrieben wird durch rein elektronische Zahlung natürlich auch begünstigt.
„die Einzelgebühren für die Transaktion, die meist prozentual am Zahlbetrag hängt zusammen. (In der Regel bis zu 3% bei Kreditkarten und ca. 1 % bei EC-Karten)“
Wenn das so wäre, dann hätten Kioske und Bäcker (die häufig mit Kleinbeträgen zu tun haben) gar kein Problem damit Kartenzahlung anzubieten. Aber das Problem ist, dass die Transaktionskosten eben nicht nur einen prozentualen Anteil am Umsatz sondern einen Fixpreis pro Transaktion in der Größenordnung 6-9 Cent beinhalten. Bezahlt man das 70Cent-Brötchen mit Karte und der Händler hat einen Transaktionspreis von 9 Cent, dann sind die Kosten der Zahlung schon fast 13% vom Umsatz! Und das tut eben schon weh!
Da hast du Recht. Das kommt aber auch darauf an, welchen Anbieter man dabei nutzt und welche Verträge dahinter stehen.
Genau deshalb muss an den Gebühren was getan werden. Denn sonst wird das nix mit einem flächendeckenderen Ausbau.
Dass es in Deutschland noch keine flächendeckende Kartenzahlung gibt, ist einer der wenigen Gründe, warum ich an dieses Land noch glaube. Wie einer meiner Vorredner schon sagte wird man zum gläsernen Menschen.
Übrigens nicht nur für die Industrie, sondern auch für Hacker. Weiterverkaufen deiner Identität an Dritte, oder das einfache Hacken deines ach so tollen Online-Kontos. Da ist es schon sehr viel schwerer unbemerkt deinen Geldbeutel zu stehlen.
Viel präsenter wird aber der Verlust der Privatsphäre sein. Bis die erste Kündigung ins Haus flattert, weil man am Wochenende zu viel Geld in Stripclubs ausgibt, findet man das bargeldlose Zahlen nlch bequem. Danach fängt man an zu überlegen, wem man hier welche Daten eigentlich zu Verfügung stellt. Und zwar jedem alles. Privatsphäre gibt es dann nicht mehr. Und dann muss sich jeder fragen was er wirklich will. Kein Kupfergeld, oder lieber doch den letzten Rest Privatsphäre, den man in Zeiten ständiger „Überwachung“ auch durch das Erhalten des Bargeldes noch besitzt.
Du tust gerade so, als würden all deine Zahlungsverkehrsdaten für jedermann offengelegt und einsehbar. Wäre es so, wären deine Szenarien auch denkbar.
Aber zum Glück ist dem eben nicht so! Dafür gibt es das Bankgeheimnis.
In einem Thema ausschließlich das Negative zu sehen und das zudem nur einseitig zu beleuchten grenzt schon fast an Paranoidität.
Aber es geht mir ja auch nicht um die Abschaffung von Bargeld, sondern darum, für jeden eine wählbare Alternative zu bieten.
Moin, moin, bei der Nutzung von z.B. ApplePay werden die Daten weder dem Händler noch Apple noch dem Kartenanbieter aufgegeben – die Kartendaten bleiben im Secure-Element des Devices und der Kartenanbieter bekommt nur Betrag und Händler übermittelt.
Oft nutzen Verschwörungstheoretiker ja selbst Payback; Deutschlandcard oder andere Loyality-Programme – da ist dann natürlich der komplette Einkauf gläsern und ausgewertet bevor ich bezahlt habe 😉