Kantine

Wie man eine Betriebskantine führt (NICHT)

Sie möchten also eine Kantine eröffnen? Vermutlich in einer Firma zur Verpflegung der Mitarbeiter? Dann sollten Sie diesen Ratgeber ausführlich studieren. Hier erhalten Sie Tipps und Tricks für den Aufbau und Betrieb, damit Ihre Betriebskantine möglichst authentisch wirkt.

Location

Der richtige Standort ist das A und O. Machen Sie nicht den Fehler, die Kantine an einem zentralen Punkt zu platzieren. Sorgen Sie dafür, dass die Kantine schwer zu finden ist und bis zum Erreichen lange Wege zurückgelegt werden müssen. Sie wollen ja nicht, dass der Eingang durch Laufkundschaft verstopft wird. Empfehlenswert sind Standorte im Keller oder zumindest das Erfordernis, den Keller oder ein entlegenes Treppenhaus passieren zu müssen, um zur Kantine zu gelangen.

Echte Profis verlegen die Kantine sogar in ein separates Gebäude. Doch auch hier gibt es Fallstricke! Platzieren Sie die Kantine keinesfalls in einem ansprechenden Neubau oder begehen Sie gar den Fehler, extra ein neues Gebäude für die Kantine errichten zu lassen.

Sparen Sie zudem Extrakosten, indem Sie auf Renovierung und Beschilderung komplett verzichten.

Es ist außerdem darauf zu achten, dass die Räumlichkeiten auch die richtige Größe aufweisen. Die Anzahl der Sitzplätze muss nicht annähernd so hoch sein, wie die Mitarbeiterzahl. Dabei darf die Fläche ruhig ein wenig verwinkelt sein. Denn beim Betreten der Kantine interessiert es doch niemanden, wie voll es ist. Ihre Gäste lieben es, erst nach dem Bezahlvorgang mit dem unhandlichen Tablett in der Gegend herumzustehen, um auf einen freien Sitzplatz zu warten. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Zu heißes Essen soll ja nicht so gesund sein.

Ausstattung

Für ein authentisches Kantinenerlebnis braucht es nicht viel. Tabletts können Sie beispielsweise in sparsamen Mengen anschaffen. Sorgen Sie dafür, dass von diesen wenigen Tabletts kaum welche an der Essensausgabe verfügbar sind. Zudem sollten Sie auf jedem der spärlich vorhandenen Tische mindestens eines davon platziert lassen und niemals wegräumen.

Achten Sie zudem darauf, dass entweder Gabeln ODER Messer vorhanden sind, aber niemals beides. Schaffen Sie jedoch trotzdem ein volles Bestecksortiment an, damit Sie die Verfügbarkeit variieren können. Zudem können Sie das Besteckangebot prima an die Speisekarte anpassen. Vermeiden Sie die Verfügbarkeit von Gabeln und Löffeln bei Spaghetti Bolognese oder verzichten auf Messer bei Wiener Schnitzel.

Retro ist in, daher ist eine moderne Einrichtung völlig überflüssig. Tische und Stühle erhalten Sie günstig aus Kneipen- und Wohnungsauflösungen. Die Möblierung muss auch optisch nicht zusammen passen. Das ist Variation fürs Auge. Bringen Sie ein einheitliches Flair in Ihre Möblierung, indem Sie die Tische mit abwaschbaren Wachstischdecken ausstatten.

Bieten Sie Ihren Gästen Service, indem Sie Serviettenhalter und Salz- und Pfefferstreuer auf den Tischen aufstellen. Sie haben die wenigste Arbeit damit, wenn Sie die Serviettenhalter unbestückt lassen. Diese sind ein zeitloses Deko-Element in jeder anständigen Kantine. Sorgen Sie für Abwechslung und fördern Sie den Spieltrieb Ihrer Gäste, indem Sie nicht alle Salz- und Pfefferstreuer befüllen. Gerne dürfen Sie hierbei auch mal die Beschriftung auf den Streuern vertauschen.

Möchten Sie auf Servietten nicht verzichten, so verwenden Sie vorzugsweise 1-lagige Piccolo-Servietten aus Kunststoff. Die örtliche Eisdiele berät Sie beim Kauf sicherlich gerne.

Angebot

Ihre Gäste sind wöchentlich wechselnde Speisekarten gewohnt. Dabei sollten Sie Ihre Gäste jedoch nicht überfordern und bestimmte Gerichte häufiger in die Speisekarte aufnehmen. Sparen Sie Planungsaufwand, indem Sie einen wöchentlich festen Pizza-, Schnitzel- oder Currywurst-Tag einführen. Das zeugt von Beständigkeit.

Das Wichtigste ist jedoch, dass Sie das Gericht, welches auf dem Plan steht, nicht vorrätig haben. Der Satz „Ist heute aus!“ muss so quasi zum Standardrepertoire an der Essensausgabe gehören. Diese Vorgehensweise ermöglicht es Ihnen, in der Küche eine hohe Flexibilität zu wahren, da Sie sich nicht streng an einen festgelegten Plan halten müssen. Ihr Koch kann sich somit kreativ und frei entfalten.

Es versteht sich von selbst, dass vegetarische Gerichte zur Auswahl stehen. Es reicht dabei aber völlig aus, dies nur an einzelnen Tagen anzubieten. Die meisten Vegetarier verzichten nur an bestimmten Wochentagen auf Fleisch.

Ein veganes Angebot ist völlig überflüssig. Wer auf tierische Produkte verzichten will, kann beim Salat einfach das Dressing weglassen oder sich bei den Hauptspeisen einfach auf die trockenen Beilagen beschränken. Denn Veganer lieben es, sich von Pommes, Nudeln ohne Sauce oder trockenem Reis oder Kartoffeln zu ernähren.

Überhaupt sollten Sie gemüselastige oder gesunde Gerichte strengstens vermeiden. Wer den ganzen Tag hart arbeitet, braucht vor allem Fett und Frittiertes. Halten Sie zum Ausgleich höchstens einmal pro Jahr eine Fit-Woche ab. In dieser Woche bekommen Ihre üblichen Gerichte einfach neue fancy und gesund klingende Namen. Schmücken Sie dabei den Raum, indem Sie Tischaufsteller aufstellen. Für die Gestaltung empfehlen wir professionelle Tools wie z.B. Word-Art von Microsoft Word. Verwenden Sie zudem beliebte Schriftarten wie z.B. Comic Sans. Das kommt immer gut an.

Service

Machen Sie keinesfalls den Fehler Service anzubieten. Das verwöhnt Ihre Gäste nur unnötig. Beschränken Sie Ihren Service auf die Essensausgabe und das Abkassieren der Speisen. Mehr ist nicht nötig.

Das Kassenpersonal sollte dabei jedoch gut geschult sein. Vergeuden Sie das Potenzial Ihrer Mitarbeiter aber nicht damit, ihnen beizubringen, die aktuell gültigen Preise zu kennen oder die gewählten Gerichte am Aussehen zu erkennen. Konzentrieren Sie sich dabei eher darauf, dass Ihr Personal mit nur einem Blick erkennen kann, ob der Salatteller nur ein Blatt zu viel enthält, um als großer Teller abgerechnet zu werden. Auch der gemeine Ketchup-Schmuggler darf keine Chance haben.

Wo wir schon beim Thema sind: Ketchup ist ein wertvolles und teures Gut. Hier ist oberste Vorsicht geboten, ansonsten treiben Sie die Pommes-Esser in den Ruin. Bieten Sie Ketchup daher stets rationiert an. Ein Eimer mit Pump-Spender ist hier Fehl am Platz. Das rote Gold wird Ihnen sonst regelrecht aus den Adern gesogen. Würzsaucen wie Senf, Ketchup oder Mayonnaise bieten Sie am besten in sehr kleinen Portionsbeuteln an. Berechnen Sie jedes Tütchen einzeln und achten Sie besonders auch auf Tütchen die „versehentlich“ unter dem Tellerrand versteckt werden.

Bezahlung

Nur Bares ist Wahres! Das weiß ja jeder. Somit sollten Sie die Barzahlung auch als das alleinige Zahlungsmittel in Ehren halten. EC- oder Kreditkarten werden schließlich von den Illuminaten überwacht. Und die geht es ja nun wirklich nichts an, was Ihre Gäste mittags essen.

Sie können aber dennoch modernes Flair in Ihren Kassenbereich bringen. Bieten Sie die Zahlung mit Ihrer hauseigenen Kantinenkarte an. Überfordern Sie Ihre Gäste in diesem Fall jedoch nicht mit unnötigen Features wie automatischer Abbuchung vom Konto oder gar automatischer Verrechnung mit dem Gehalt.

Prepaid ist das Zauberwort. Erlauben Sie ausschließlich eine Vorausbezahlung in Form von Aufladung auf die Kantinenkarte. Schließlich sind Ihre Gäste keineswegs vertrauenswürdig. Und kreditwürdig schon gar nicht!

Schützen Sie Ihre Gäste zudem vor den Augen der Illuminaten, indem Sie die Aufladung ausschließlich an einem Automaten mit Bargeldeinzug ermöglichen. Hierbei ist es besonders wichtig, dass eingegebene Geldscheine mehrfach geprüft werden. Der Automat sollte Scheine daher niemals bei der ersten Eingabe akzeptieren.

Fürchten Sie sich aber nicht vor zu hohen Anschaffungskosten. Es ist völlig ausreichend, nur einen einzigen dieser Automaten aufzustellen. Völlig egal, wie viele Gäste Ihre Kantine beherbergen kann. Zudem ist eine Funktion zur Abfrage des Restguthabens völlig überflüssig.

Sollten Sie sich für eine Kantinenkarte entschieden, so bleiben Sie in jedem Fall hart! Sollte der Restbetrag auf der Karte nicht für die Zahlung ausreichen, so lassen Sie sich nicht vom Gast einlullen. Verweigern Sie es stets, das Guthaben aufzubrauchen und die Differenz in Bar anzunehmen. Und selbstverständlich ist es unmöglich, beim Bezahlvorgang an der Kasse auch gleich das Guthaben der Karte aufzustocken. Das sind unterschiedliche Geschäftsvorgänge und das gehört sich nicht. Es ist aber durchaus okay, einem Interessierten an der Kasse ausführlich die Vorteile der Karte zu erläutern und ihm in aller Ruhe beim Ausfüllen des Formulars behilflich zu sein.

Der Name

Jeder macht sich über die aberwitzigen Namen von Frisörsalons lustig. Gehen Sie dieses Risiko nicht auch für Ihr Etablissement ein. Die Betriebskantine heißt „Casino“ oder allenfalls Mitarbeiterrestaurant. So will es das Gesetz! In Ausnahmen ist auch die Bezeichnung Cafeteria erlaubt.

Befindet sich Ihre Kantine in einer Bildungseinrichtung, so hat der Name schlicht „Mensa“ zu lauten.

Das Publikum

In erster Linie richtet sich Ihr Angebot an die Mitarbeiter der Firma, für die Sie die Kantine eröffnet haben. Sie können die Kantine aber auch für die Öffentlichkeit öffnen. Achten Sie in diesem Fall aber darauf, dass die Preise für externe Gäste stets höher sind als sie es sein sollten und dass den Gästen stets vor Augen geführt wird, wie viel Aufschlag sie gegenüber internen Mitarbeitern bezahlen. Dabei sollten aber auch die firmeninternen Gäste nicht das Gefühl bekommen, das Essen sei billig.

Zu guter Letzt bedarf es keinem ausgebildeten Koch, um die Speisen in Ihrer Kantine zuzubereiten. Es reicht ein wenig Imbiss-Erfahrung oder dieses Buch:

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2 Kommentare

  • Es ist gut, sich seinen Frust mit einigen Kantinen von der Seele zu schreiben. Meine alte Kantine erkenne ich in vielen Punkten wieder. Mein neuer Arbeitgeber hat nur 25 Mitarbeiter*innen. Wir haben einen Getränkeautomaten, an dem man auch exotische Getränke kaufen kann und gehen immer Mittags raus. Frische Luft tut ja auch gut.

    Antworten
    • Hallo Antonia,
      ich arbeite schon länger nicht mehr in einer Firma mit Kantine, aber über die Jahre und verschiedene Firmen hat hat man da ja schon so einiges erlebt. 😉

      Antworten

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