Wie man nicht nach Ägypten kommt.

Sommer, Sonne, Reisezeit. Das dachten auch wir uns und haben unsere ersparten Groschen zusammengekratzt, um einen Urlaub zu buchen. Nach Ägypten soll es gehen. Eine Woche, all inclusive.

Ab Nürnberg werden aktuell nur Nachtflüge nach Hurghada angeboten, aber das sollte kein Problem sein.

Ablugzeit: 0:05 Uhr

Pflichtbewusst waren wir bereits 2 Stunden vor Abflug am Flughafen um einzuchecken. Nile Air bietet leider keinen Online-Check-in an, daher mussten wir uns anstellen. Kein Problem: Wir sind ja rechtzeitig da.

Abflugzeit: 0:45 Uhr

Unser Flieger kam bereits verspätet aus Hurghada an, sodass sich unser Abflug um 40 Miuten verspäten sollte. Nicht schön, aber verschmerzbar. Am Gate haben wir uns einen Kaffee gegönnt, um den viereinhalb-stündigen Flug zu überstehen. Dass wir dafür keine Hypothek aufnehmen mussten, grenzt an ein Wunder, kann man doch im Sicherheitsbereich eines Flughafens durchaus unerschämt viel Geld für sonst banale Dinge ausgeben.

Als wir unser Gate erreichten, war dieses noch von Fluggästen eines vorherigen Fluges nach London besetzt, sodass wir noch davor warten mussten. Eine Gruppe Engländer, die zuvor noch gemütlich an der Bar saßen, diskutierten mit dem Sicherheitspersonal. Augenscheinlich haben die Herren und Dame, mehrere Aufrufe zum Boarding ignoriert und waren nun so spät am Gate angekommen, dass sie nun nicht mehr durchgelassen wurden. Der Abflug nach London verzögert sich drastisch, da die Koffer dieser Passagiere nun gesucht und ausgeladen werden. Somit war unser Gate also erstmal blockiert.

Kurz darauf wurde bekannt gegeben, dass unser Flug von einem anderen Gate, nur unweit vom ursprünglichen Gate, geboardet werden würde.

Sauna in 6 Metern Höhe

Nach einiger Wartezeit wurden wir mit Bussen zum Flieger gebracht. Ein 14 Jahre alter Airbus A320 von Nile Air. Bereits beim Einsteigen bemerkten wir Techniker, die mit Taschenlampen am Flugzeug herumleuchteten. Vielleicht nur ein Routine-Check.

Beim Einsteigen sahen wir, dass in der ersten Sitzreihe ein Ingenieur mit Equipment saß. Verdächtig…

Im Flieger war es bereits relativ warm. Aber es sollte ja gleich los gehen. Das „gleich“ hörten wir erstaunlich oft. Erstaunlich lange saßen wir schwitzend in dem engen und stickigen Flieger bei mehr als 40 Grad Temperatur. Klimaanlage: Fehlanzeige. Die Passagiere wurden zunehmend ungeduldiger und der Ton wurde rauher. Viele bekamen bereits Kreislaufprobleme. Niemand wusste so recht, was los war und warum es nicht weiter ging. Die Englischkenntnisse des Bordpersonals ist leider begrenzt, sodass diese uns nur bedingt Auskunft geben konnten.

Neben dem Flugzeug konnte man ein Fahrzeug vom Airport ausmachen, von dem ein Schlauch zum Flugzeug gelegt wurde. Mehr und mehr ratlos reinblickende Angestellte sammelten um dieses Fahrzeug. Man erahnte: Irgendwas stimmt einfach nicht.

Ein Passager, der arabisch sprach, kam zur Hilfe, um zu vermitteln. Es hieß, das Flugzeug brüchte Luft, um zu starten. Nach einiger Zeit verteilte das Bordpersonal gekühlte Wasserflaschen. Kinder konnten sich einen Becher Mangosaft abholen. Immerhin entschied man sich dann auch nach fast einer Stunde die Türen zu öffnen, damit etwas frische Luft ins Innere des Blechvogels gelangn konnte. Für die vorderen und hinteren Reihen ein kleiner Segen, für die mittleren Reihen aber kaum spürbar.

Nach über eineinhalb Stunden wurden die Treppen wieder an das Flugzeug gefahren. Wir sollten mit unserem Handgepäck die Maschine verlassen und wurden wieder in den Flughafen gebracht, wo man uns über die Ursache informierte.

Wieder was gelernt

Manche Flugzeuge benötigen zum Start ein sogenanntes Bodenstartgerät oder auch Air Starter genannt. Dabei handelt es sich um eine Art Kompressor, welcher Luft in das Flugzeug pumpt und damit die Turbinen leicht antreibt. Das ist nötig, damit diese dann nach einer anfänglichen Startbewegung dann selbstständig antreiben können. Ähnlich wie bei früheren Autos, die zunächst mit einer Kurbel angelassen werden mussten. Ohne dieses Gerät funktioniert auch die Klimaanlage nicht.

Man informierte uns, dass ein Technker des Flughafens unterwegs sei, um den Air Starter oder eines der Fahrzeuge zu reparieren. Es dauere ca. 45 Minuten, bis er eintreffen würde und insgesamt rechne man mit weiteren 2 Stunden Verspätung..

Das Flughafenpersonal war durchaus bemüht, uns die Wartezeit erträglicher zu machen. So wurden zunächst etliche Kisten Wasser herangeschafft, sodass wir genug zu trinken hatten. Kurz darauf stellte man uns kostenfreie Snacks zur Verfügung wie z.B. M&Ms, Skittles, Nic Nacs, und andere Süßigkeiten.

Ein anständiges Belegtes Brötchen wäre mir zwar lieber gewesen, aber besser als gar nichts. Besonders die Kinder waren besänftigt.

Es ist inzwischen 4 Uhr nachts. Einige Kinder und manche Erwachsene schliefen bereits, während ich diese Zeilen tippte.

Kurz darauf brachte ein Mitarbeiter des Flughafens weiter Licht ins Dunkel. Er erklärte uns nochmal das Prinzip des Air Starters, welches ich zuvor auf Wikipedia recherchiert habe. Dabei erfuhren wir auch, dass unser Flugzeug durchaus ohne diese Starthilfe in der Lage sei, zu starten. Der dafür nötige Hilfsmotor war auch bereits auf dem vorangegangenen Flug defekt gewesen. Normalerweise sei das kein Problem, da man ja mit der externen Starthilfe (Fahrzeuge, die von Außen den benötigten Anstoß an die Triebwerke geben) dennoch problemlos fliegen könne.

Leider kam hier aber nun der Umstand hinzu, das beide verfügbaren Air Starter des Nürnberger Flughafens defekt wären. Aktuell läge die Entscheidung bei der Airline, wie es mit uns Passagieren weitergehen würde. Müssten wir weiter warten? Kämmen wir in ein Hotel? Müssten wir wieder heim? Zu diesem Zeitpunkt war dies alles ungewiss.

Das Flughafenpersonal verteilte dann noch einmal Decken für die Kinder.

Die Hiobsbotschaft

Es waren inzwischen fast 5 Uhr morgens. Eigentlich sollten wir bereits im Shuttletransfer zum Hotel in Makadi Bay unterwegs sein. Leider erfuhren wir keinen aktuellen Stand zur Reparatur, sondern, dass die Arbeitszeit der Crew unseres Fluges nun überschritten sei und die Crew eine Ruhezeit von 11 Stunden einhalten müsse. Unabhängig vom Status der Reparatur.

Wer in Nürnberg wohne, solle nach Hause fahren, wer weiter weg wohne, bekäme einen Hotelgutschein. Alle sollten sich um 14 Uhr wieder am Flughafen einfinden und regulär wieder einchecken. Das Gepäck verbliebe bis dahin bis dahin im Flieger. Wer es dennoch benötige, müsse aber zumindest bis 10 Uhr morgens abwarten, bis wieder Personal zum Ausladen da sei.

Einige der Passagiere waren zu Recht ungehalten. Mein Schwiegervater, der uns zum Flughafen gebracht hatte, machte sich derweil auf den Weg, um uns wieder abzuholen. Um kurz vor 6 Uhr morgen fallen wir müde ins Bett. Und zwar in unser Eigenes.

Schnitt:

Zweiter Akt

Wir haben uns zuhause ausgeruht. Dann gab es erstmal Mittagessen bei den Schwiegereltern und nach aktuellen Informationen ginge der Flug heute um 18 Uhr weiter.

Um 15:30 Uhr fanden wir uns also wieder am Flughafen ein. Nach einiger Wartezeit am Check-in erhielten wir die Information, dass wir direkt zur Sicherheitskontrolle gehen könnten und kein erneuter Check-in erforderlich sei.

Abflug sollte um 18 Uhr sein, jedoch war die Passkontrolle bis kurz vor halb 6 nicht besetzt. Immerhin haben sich die Beamten bei der Passkontrolle beeilt, sodass das Boarding zügig beginnen konnte.

Im Flugzeug angekommen, meldet sich ein Mitarbeiter des Flughafens zu Wort und teilt uns mit, dass kein Trinkwasser und kein Essen an Bord ist. Zudem ist unser Abflugslot erst in einer Stunde und wir dürfen die Maschine nicht verlassen.

Die Stimmung unter den Passagieren ist entsprechend schlecht. Der Mitarbeiter hat daraufhin schnell das Weite gesucht.

Das Bordpersonal ist sichtlich überfordert und machtlos. Der Pilot ist augenscheinlich den Tränen nahe.

19 Stunden Verspätung

Inzwischen wurde etwas Wasser besorgt, um dies an Passagiere zu verteilen, die es am meisten benötigen.

Gegen 19 Uhr hoben wir endlich ab und gegen halb 2 nachts fuhr der Bus Richtung Hotel.

Was für eine Odyssee …

Letztlich haben wir einen Tag Urlaub verloren und wir werden hier definitiv Schadensersatz fordern. Flightright bietet hierfür einen unkomplizierten Service, den wir vermutlich in Anspruch nehmen werden.

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