Wrestling ist mein Ding. Im Fernsehen schaue ich gerne die Matches und die Promos, die sich entwickelnden Geschichten und die gesamte Action an. Als ich dann an einem Freitagabend zufällig sah, dass es morgen ganz in meiner Nähe ein großes Event der GWP gibt, kaufte ich mir noch schnell ein Ticket, um die Show in Schwabach zu verfolgen. Wrestling mit nur 15 Minuten Anfahrt: Läuft.
Am Abend ging es also in den Markgrafensaal. Zwischen den Merchandise-Ständen gab es Brezeln und Getränke von Pyraser. Der Announcer stand im Ring und verkündete die Matchcard, also welche Kämpfe heute anstanden. Neun Matches, davon viele um die Titel, standen an. Es gab Action in der Großpackung und das Publikum war begeistert. Vor der Show konnte ich bereits den Main Event Star Mexxberg sehen. Sein Manager Mr. Wonder ist der „Besitzer der GWP“, er hat diese anscheinend mit seiner Wrestlinggruppe Network gewonnen. Er gab mir direkt den Tipp, ein T-Shirt zu kaufen, damit seien mir „Zwei Frauen garantiert, nur durch die Mexxberg Energie“. Für 20€ ist das ein gutes Angebot, aber kommen wir zum ersten Match.
In einem Triple-Threat-Match ging die Action heiß los: Die Kämpfer gaben alles und flogen durch den Ring. Sie heizten dem Publikum ein und bereiteten es auf die Matches der Favoriten vor.
Weiter geht es mit dem von mir heiß erwarteten Tag-Team Match. Die Titel stehen auf dem Spiel, aber es geht hauptsächlich um die große Frage: Bier oder Prosecco? Die Posterboys kommen mit Sektgläsern auf die Bühne, das Publikum ist außer sich und will sie von der Bühne pfeifen. Die Boys sind natürlich nicht zufrieden mit der Halle in Schwabach. Für Top-Stars sollte natürlich Versailles oder zumindest der Fürstenpalast in Monaco gebucht werden. Doch dann betreten die Titelverteidiger die Bühne. Der Watschnclub erscheint unter tosendem Applaus, sie sind die Verteidiger des Titels, des Biers, von Schwabach, ja sogar der bayerischen Lebensart selbst.
Doch die Posterboys haben nicht nur den Style-Vorteil, sondern auch eine bessere Strategie. Sie nehmen gezielt nur ein Mitglied des Watschnclubs ins Visier und nutzen skrupellos ihren Zwei-gegen-Eins-Vorteil aus. Selbst von den Buhrufen lassen sie sich nicht beeindrucken, denn was kümmert einen Wolf schon die Meinung der Schafe? Doch dann unterläuft ihnen ein entscheidender Fehler: Im Rausch der Vorfreude auf den bevorstehenden Sieg lassen sie einen Moment der Unaufmerksamkeit zu. Die Mitglieder des Watschnclubs nutzen dies geschickt aus und verpassen den Posterboys eine ordentliche Tracht Prügel. Offensichtlich müssen die Clubmitglieder Großhandelskaufleute sein, denn sie scheinen Paletten voller Ohrfeigen erworben zu haben und nun wird die Lieferung zugestellt. Gemeinsam kämpfen sie sich zurück und verteidigen erfolgreich ihre Titel. Die Posterboys geben sich aber nicht geschlagen und greifen die siegreichen Watschnclub-Mitglieder nach dem Match von hinten an. Echte Champions lassen sich so etwas nicht gefallen und fordern ein Rematch beim Kärwa-Wrestling in zwei Wochen. In der Pause kaufe ich mir eine neue Cola und ein T-Shirt.
Nicht nur stehen jetzt die Titel-Matches an, sondern der Vereinsvorstand hat auch einen besonderen Tagesordnungspunkt. Die Ehrung der 5- und 10-jährigen Mitglieder verleiht der Show einen etwas dissonanten Ton, was leider nicht zur Förderung der Promotion beiträgt. Wenn Wrestling eine Sport-Satire ist, könnte die GWP auch die deutsche Vereinskultur parodieren. Wo ist das Match um den Posten des 2. Stellvertreters und wo ist der überraschende dritte Kandidat, der mit einem lauten „GESCHÄFTSORDNUNGSANTRAG“ auf die Bühne stürmt? Da in der Geschichte der GWP der Network-Besitzer Herr Wonder die Kontrolle übernommen hat, wirft die Werbung für Vereinsmitgliedschaften eine gehörige Portion Verwirrung in das Event. Genau wie dieser Absatz in diesem Artikel.
Nun sind die Damen an der Reihe. Gleich vier Frauen kämpfen um den Titel, doch die Herausforderung für die lokale Titelverteidigerin ist groß: Eine mystische Priesterin, eine kampfwütige Amerikanerin und eine Dame aus dem Reich der Toten wollen sie vom Thron stoßen. Das zeigt, wie begehrt die GWP-Titel sind, wenn selbst die Untoten sich in den Ring stürzen. Der Junge neben mir informiert mich, dass die „Dicke da“, er meint die Championess, sich immer in solchen Matches zum Schein verbündet und dann ihre Partnerin hintergeht. Eine Formel, die ihr bereits 4 Jahre als Frauenchampion bescherte. Da kann Bianca Bel Air noch etwas lernen. Und wie angekündigt, kommt es zum Scheinbündniss. Jedoch ein Twist: Die Untote verhindert einen Pin und kann in letzter Sekunde den Sieg für sich erringen. Eine neue Championess! Das Publikum buht die gefallene Königin aus dem Ring aus, offensichtlich haben ihre Taktiken sie nicht besonders beliebt gemacht.
Der WrestlingCorner.de Champion hat jetzt ein Problem: Herr Wonder hat für den Champion aus Tel Aviv gleich fünf Gegner gebucht. So etwas passiert im Wrestling nun einmal, wenn man dem Besitzer nicht die Hand gibt. Das Match ist ein wahrhaftiges Spektakel. Körper fliegen durch die Lüfte und die Kämpfer riskieren ihre Gesundheit, nur um diesen Titel zu erlangen. Doch der Champ kann sich geschickt dazwischen schleichen und seinen Titel behalten. Es ist kein guter Abend für das Network.
Main Event Zeit: Metehan fordert Mexxberg heraus. Herr Berg kommt gemeinsam mit Manager Wonder und dessen Bodyguard maskiert auf die Bühne. Ihr imposanter Auftritt hinterlässt Eindruck. Sein Gegner wird zwar bejubelt, erhält jedoch bei Weitem nicht die Unterstützung wie andere Wrestler an diesem Abend, insbesondere nicht wie der Schwabacher Stadtmeister Farmer Joe. Ein gewisses „Luft-Raus“-Gefühl macht sich schnell breit. Die Qualität des Matches ist spürbar hoch, man merkt Metehan das WWE-Training an, aber die Geschichte des Matches kommt beim Publikum nicht richtig an. Ich höre mehrmals den Ruf „Mach fertig, wir wollen nach Hause“.
Die Situation im Ring ist klar. Mexxberg, der seinem Namensvetter Goldberg nicht unähnlich sieht, jedoch eher an einen Steven Blackman erinnert, prügelt Metehan regelrecht windelweich. „So weiche Windeln können wir nicht einmal herstellen“, meinte der Chef von Pampers zum Match. Alles baut auf ein Comeback hin, das jedoch einfach nicht richtig stattfindet. Der Champ schlägt unermüdlich auf seinen Herausforderer ein, wirft ihn durch den Ring und versucht, ihn zur Aufgabe zu zwingen. Doch all das funktioniert nicht beim Publikum. Es wirkt lächerlich, dass ein so dominanter Champion nicht irgendwann ernsthaft versucht, das Match zu beenden. Schließlich setzt das Comeback ein und der Titel scheint fast den Besitzer zu wechseln, doch der Manager verhindert dies und der Titel bleibt beim Österreicher.
Plötzlich erlischt das Licht und eine Videobotschaft von „The Prizefighter“ Zak Zodiac wird abgespielt. Er fordert den Champion zu einem Match heraus. Herr Wonder ist natürlich erbost, denn beim Network läuft es an diesem Abend einfach nicht rund. Mexxberg ist entspannt und zeigt keine Angst vor dieser neuen Herausforderung.
Was für ein Spektakel! Die GWP veranstaltet nur 3-4 Shows pro Jahr, da es sich lediglich um einen Verein handelt, der stark auf Freiwilligenarbeit und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Wrestling kann teuer sein, aber es ist eine große Leistung, dass hier Fans dieser Unterhaltungsform ihre Zeit und Mühe investieren, um Wrestling nach Mittelfranken zu bringen. Das ziemlich diverse Publikum scheint dankbar für diese Möglichkeit zu sein, und die Stimmung ist ausgezeichnet.
Verbesserungswürdig ist aus meiner Sicht die Musik. Es ist nicht klar, ob hier GEMA-Gebühren vermieden werden, aber viele Einläufe wirkten unspektakulär, da sie oft von generischer Elektromusik begleitet wurden. Es scheint, als ob die GWP vor Einzelmatches zurückschreckt. Entweder traut sie den Wrestlern nicht zu, alleine ein Match zu tragen, oder sie möchte einfach möglichst vielen Talenten die Möglichkeit geben, sich zu zeigen. Außerdem gibt es keine reinen Promo-Segmente in der Show. Das ist eine verpasste Chance, um die Titelmatches am Abend besser aufzubauen. Eine Promo, die das Main Event vor der Pause bewirbt, hätte mit Sicherheit für mehr Hype gesorgt.
Fazit: Die Tickets sind definitiv ihr Geld wert. Es ist ein Muss für jeden bayerischen Wrestling-Fan und für alle, die einfach eine unterhaltsame Action-Show genießen möchten.